Ich denke an den Opel Kapitän meines Vorbewohners


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Geschrieben von Obi am 12. November 2023 07:10:28:

Als Antwort auf: Unser Getriebespezi geschrieben von Werner am 11. November 2023 10:22:07:

Moin Werner,
ich durfte einmal helfen, das Schaltgetriebe wieder in den 1953er Opel Kapitän des Mannes einzubauen, der bis 2002 in jetzt meinem Haus gewohnt hat.
Der 2,5l-Sechszylinder war kein Leistungswunder. Er war mit 58PS angegeben und übertrug sein Drehmoment von maximal 144Nm (die wurden damals wohl noch mit 14,7mkp angegeben) über ein 3-Gang-Getriebe mit unsynchronisiertem 1. Gang auf die Hinterachse.
Ich habe noch im Kopf behalten, dass der 1. Gang im Verhältnis 2,66 und der 2. Gang im Verhältnis 1,66 übersetzt war. Der 3. Gang direkt und den Rückwärtsgang weiss ich nicht mehr.
Mit dem 3-Gang-Getriebe im PKW ging man nach meiner Auffassung allerdings je nach Anwendungsfall noch einen Kompromiss aus einer Übersetzung des größten Gangs für maximale Höchstgeschwindigkeit oder erhöhte Anfahrzugkraft für Anhänger- und/oder Gebirgsbetrieb ein.
Vor Allem muss man bei Anhängerbetrieb daran denken, dass die Anfahrzugkraft möglicherweise durchaus genügt, um die Fuhre in Gang setzen zu können, aber die Kupplung würde einem verbrennen, weil sie zu lange schleift.

Ich erinnere mich an ein Buch über Motorradtechnik, in dem dieser Punkt angeführt ist. Die Anfahrzugkraft i kleinsten Gang liegt über der Schlupfgrenze zwischen Rad und Straßenbelag, was allerdings den Sinn hat, dass die Kupplug beim Anfahren nur kurz schleifen muss.

Meine Lieblingsspielwiese, der VW Transporter 251, war in den Modelljahren 1981 und 1982 mit 2 Getriebeübersetzungen für den Dieselmotor erhältlich. Das für maximale Endgeschwindigkeit übersetzte Getriebe DM hatte den Achsantrieb 38/7 und erlaubte mit dem 4. Gang 52/61 110km/h mit ungefähr der Nenndrehzahl des Motors von 4200/min. Dann gab es optional den Achsantrieb 41/7, der die Endgeschwindigkeit auf 103km/h senkte, dafür aber die Steigfähigkeit von 24% auf 26% erhöhte.
Ab Modelljahr 1983 rückte der Motor um 40mm nach hinten und es gab neben dem neu eingeführten 5-Gang-Getriebe das 4-Gang-Getriebe für den Saugdiesel nur noch mit der "Gebirgsübersetzung". Das zum besagten Modelljahr 1983 eingeführte 5-Gang-Getriebe brachte dann die Steigfähigkeit von 26% im kleinsten Gang mit maximaler Endgeschwindigkeit unter einen Hut (der Motor wurde nach hinten verpflanzt, um die für den zusätzlichen Gang um 50mm gewachsene Gehäuselänge des Getriebes unterzubringen). Für die Modelljahre 1983 und 1984 war der 5. Gang mit 33/6×49/64=4,21 sogar so lang übersetzt, dass man ihn ab Modelljahr 1985 mit 4,49 wieder so kurz übersetzt hat, dass der Motor im größten Gang seine Nenndrehzahl erreichte. Wir reden beim sehr lang überseztzten 5. Gang und einer Spreizung von 5,37 dann zufällig von praktisch der doppelten Spreizung des 3-Gang-Getriebes des Opel Kapitän oder Deiner W. Mit dem quasi als E-Gang ausgelegten 5. Gang (Achsantrieb 33:6 und 5. Gang 49/64) wollte allerdings nicht jeder Anwender zurechtkommen. Das verhielt sich wohl wie in der Corvette ZR1 mit deren 6. Gang. Die rannte im 5. Gang ihre 181mph, während sie im 6. Gang wieder langsamer wurde. Die Aussage, dass sich so mancher Fahrer den 6. Gang mechanisch sperren ließ, stammt ja sogar von Dir.


Deine W hat wohl genug Hubraum, um mit 3 Gängen gefahren werden zu können.
Mit der Yamaha WR125 mit ihren 11kW empfinde ich das 6-Gang-Getriebe als Segen.
Man kann im 1. Gang auch einmal querfeldein räubern, kann aber auch an Steigungen im 5. statt im.6. Gang hochkraxeln, ohne dass man ständig Pendelschaltungen durchführt. Solche Pendelschaltungen gab es mit meiner VW Caravelle syncro sehr oft und wird es auchvwieder geben, wenn ich das ab Werk eingebaute Gerriebe drin lasse. Dort habe ich eine Spreizung von 7,73 über 5 Vorwärtsgänge. Wenn man alle Schaltsprünge gleich groß macht, ist der Stufensprung die 4. Wurzel aus 7,73. Macht 1.67 als Wert für den Stufensprung. Der Reziprokwert von knapp 0,60 sagt aus, dass mit jedem Schaltvorgangng in den nächstgrößeren Gang die Drehzahl auf 60% des Werts im vorherigen Gang abfällt. Man muss den Turbodiesel JX also auf knapp 4200/min hochjagen, um nach dem Schalten theoretisch auf den 2500/min zu landen, bei denen er das höchste Drehmoment abgibt. Durch den unvermeidbaren Geschwindigkeitsabfall am Berg lässt man den Drehzahlmesser wohl eher am roten Bereich anklopfen, bis dann die nächsthöhere Gangstufe hineingerissen wird.


Selbstverständlich redet im realen Fahrzeugbau der Betriebswirt und der technische Statistiker mit. Man baut den eingangs bereits erwähnten Kompromiss, mit dem die Mehrheit der Anwender ohne großmächtige Beanstandungen über die Zeit kommt.

Als der VW Transporter mit Allradantrieb verfügbar war - wir reden von August 1984 - dachte wohl keiner daran, dass ein damals 5-jähriger (nämlich ich) 23 Jahre später solch ein Auto gebraucht erwirbt und dann wie ein Großer rechnet und entwirft, verwirft, neu entwirft und erneut rechnet, um eine allen bisher vorgekommenen Betriebszuständen gerecht werdende Lösung für das Schaltgetriebe zu bekommen.

Die Anforderungen sind halt mit einer 150 bis 180kg schweren und grob 50 PS starken W mit ca. 90kg Werner drauf für die W deutlich leichter als für das bis zu 4500kg schwere Gespann mit der 1,4-fachen Motorleistung.

Mit freundlichem Gruß aus dem Obirationssaal,
Obi

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