Re: Ich hab 'nen Dremel - die taugen ja nix !


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Geschrieben von Werner am 01. August 2023 00:28:46:

Als Antwort auf: Ich hab 'nen Dremel geschrieben von waldi am 31. Juli 2023 20:45:17:

Moin Waldi,

mein richtig teurer und hochmoderner Dremel hat nicht lange gelebt, da ging die Drehzahlverstellung nicht mehr richtig. Irgendwann konnte man nur noch AN oder AUS bei voller Drehzahl. Die flexible Welle ist bei zivilem Biegeradius weg geknackt, also ich war so was von entsetzt.

Aber der Tchibo- Schleifer, den es mal für 20 DM gab, der hält sich wacker und macht mir alles, was ich brauche.

Aber mal was zur Fahrtwindaufladung: das ist wieder so ein Spuk von Reklame, der sich bei näherer Betrachtung nicht wirklich bewahrheitet.

Strömungstechnisch betrachtet, ist ein Trichter nur dann sinnvoll, wenn am kleineren Ende gesaugt wird. Durch die geringe Eintrittsgeschwindigkeit sind dann die Eintrittsverluste sehr niedrig und durch die Trichterform kommen auch keine hinzu. So weit, so gut. Wenn man aber viel Luft auf einen offenen Trichter pustet, dann geht trotzdem nur so viel durch, wie es der Geschwindigkeit am kleinen Ende des Trichters entspricht. Der Rest läuft einfach über, so, als wenn man einen Benzintrichter überfüllt. Da die überschüssiger Luft auf den Trichter prallt und "drumrum" muß, gibt es sogar größere Verluste, als wenn die Öffnung nur so groß ist, wie es dem Luftbedarf und der Fahrgeschwindigkeit entspricht.

Nun also mal zur Mathematik.

Wir bauen mal ein richtig schnelles Motorrad, was mit 360 km/h über die Rennstrecke zischt. Das sind 100 m/s, also echt schnell. Wie schon gesagt, mehr, als der Staudruck kann nicht entstehen, wir rechnen also diesem mal aus:

p = w²/2 x rho | mit d = Staudruck, w = Geschwindigkeit, rho = Dichte der Luft

Für die Luft kann man gut 1,2 kg/m³ nehmen. w wurde zwecks einfacher Rechnung schon mit 100 M/s angenommen.

Wir kommen also auf 10.000/2 x 1,2 => 6000 Pa (Pascal). Das sind 60 mbar oder auch 6% vom normalen Luftdruck, den der Motor zusätzlich bekommt.

Das ist nicht nix, aber als Aufladung kann man das jetzt auch nicht wirklich bezeichnen. Dreht man jetzt die Geschwindigkeit auf Wurzel 0,5 runter also 360 km/h mal 0,7071, landet man bei 254,6 km/h, was schon realistischer für Straßenmopeds ist. Bei dieser Geschwindigkeit ist der Staudruck dann die Hälfte, also 3% Plus. In der Werbung steht dann, dass man auf dem Prüfstand nicht die volle Leistung messen kann, weil der Fahrtwind fehlt. Stimmt, aber es suggeriert einen Effekt, der mal so gerade der Rede wert ist, wenn überhaupt.

Rechnen wir jetzt mal den Luftwiderstand als Hauptwiderstand für ein sehr schnell fahrendes Motorrad, dann haben wir das quadratische Widerstandsgesetzt, was bedeutet, dass drei Prozent mehr "Dampf" zur Wurzel aus Leistung + drei Prozent mehr Geschwindigkeit führen. Mathematisch genau also Wurzel aus 1,03, was 1,015 zum Ergebnis hat.

Somit führt theoretisch die Aufladung bei 254,6 km/h zu einer Geschwindigkeitssteigerung auf 258,4 km/h, wobei unterstellt wird, dass die Leistung des Motors mit dem höheren Drehmoment und der höheren Drehzahl sich um

1,03 x 1,015 = 1,045, also 4,5% höher ist.

Bei der Fehlerdisskussion muß noch berücksichtigt werden, dass die Verluste im Saugtrakt, an den Einlassventilen, an den Drosselklappen ebenfalls zunehmen, weil die Dichte der Luft größer geworden ist. Ich sag mal, man kann von 4% mehr Leistung ausgehen.

Meine GPZ lief gemessene 243. Damals gab es noch nicht die Staudruckdiskussion. Der Motor saugte unter der Sitzbank an. Mag sein, dass sich die Luft unter dem Tank schon etwas zusammen staute, aber darüber wurde kein Wort verloren.

Die Ansaugkanäle müssen übrigens rauh sein. Wenn Du die polierst, wird der Verbrennung schlechter, weil die Verwirbelung nicht mehr so gut ist. Man rechnet in Ansaugkanälen mit Geschwindigkeiten von 80 bis 100 m/s und die Querschnitte sind danach bemessen. Glatt machen bringt nur ganz wenig Steigerung, begünstigt aber Entmischung. Es soll ja möglichst wirbeln beim Eintritt in die Zylinder. Die Herstellung von glatten Innenwänden wäre sogar einfacher. Die Rauhigkeit wird bewußt erzeugt.

Im obigen Rechenbeispiel wurde ja schon ausgeführt, dass selbst 100 m/s noch keinen Durchschläger im Druck bringt, weder bei der Aufladung, noch bei den Verlusten im Saugsystem.

Aber cool sieht es schon aus, das läßt sich nicht abstreiten.

Gruß

Werner

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