Peter und der Wolf...


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Geschrieben von Obi am 15. Oktober 2017 13:53:42:

Als Antwort auf: Der Baggerfahrer an und für sich . . . . geschrieben von Werner am 11. Oktober 2017 12:09:51:

...ode der Obi und seine Gabi.
Alternativ: Obi auf Nachbars Baggern

Moin Werner,
klar kennt kaum ein Baggerfahrer Teillast. Geht ja viel zu langsam, und die Stunden bringen zwar das Geld, die dann aber ein kostenbewußter Kunde nur dann zahlt, wenn es kein anderer schneller macht.
Also wenn möglich, Ventil so schnell wie möglich ganz durchsteuern und ab geht er, der Peter.

Meine Kunden, die ich mit Dämmstoffen beliefere, fragen hin und wieder, ob denn eine sichere Entladung mit dem LKW in einiger Entfernung zur Baustelleneinfahrt stattfindet, nicht zu lange dauern würde und damit zu teuer käme.
Mittlerweile weiß ich, daß die Sache pauschal in Rechnung gestellt wird und ich eben nah dem Rallye-Prinzip arbeite: Heil ankommen geht vor erster sein.

Gabi fahr´n - hier erklärt Obi, wie es geht (ja, der Satz ist geklaut, wer sich daran erinnert...):

Schlüssel in die erste Stellung, die mündig bestimmte Rudolf-Diesel-Gedenkminute abwarten und dann ganz ´rum drehen.
Wenn Gabi erwacht, gleichzeitig das Steuerventil in Richtung "Mast absenken" bewegen und gleichzeitig mit dem rechten Pedal die Drehzahl erhöhen.
Pedalbetätigungsgeschwindigkeit so hoch wählen, daß sich rechts neben einem der Himmel nicht zu sehr verdunkelt, denn das ist vor dem Bauleiter eher wenig werbewirksam. (Die Einstellung des Alldrehzahlreglers paßt nicht mehr, seit sich einmal der Gaszug ausgehängt hat und die Geschichte, als die Mechaniker aus der Werkstatt schon Feierabend hatten, dann vom Fahrer selbst obiriert wurde.)
Wenn Gabi dann am Anschlag der Zugstufe der doppelt wirkenden Hebezylinder oben hängt, die Fangrohre in den Rahmen des Trägerfahrzeugs schieben, die Ausschubzinken nach vorne schieben, den Mast heben (was bei im Rahmenheck steckenden Zinken dem Absenken von Gabi auf den Boden entspricht), natürlich wieder mit Steuerventil zügig in die Endstellung bringen und anschließendem Druck auf das Gaspedal. Sonst rührt sich nämlich nichts.

Beim kompletten Entladevorgang ist es immer so, daß teilweise gedrückte Bedienhebel nur dann zu sehen sind, wenn es darum geht, zu positionieren, ohne daß das Material beschädigt wird oder wenn es gilt, Gabi mittig ans Heck des jeweiligen Trägerfahrzeugs zu hängen.
Das Verfahren des Masts in alle erdenklichen Richtungen erfolgt quasi immer mit maximal möglicher Geschwindigkeit.

Auch die Fahrt auf der Straße geht so über die Bühne. Das links angeordnete Fahrtrichtungspedal in die gewünschte Richtung durchtreten, dann mit den rechts angeordneten Gaspedal die Drehzahl erhöhen (man beachte wieder die Betätigungsgeschwindigkeit, denn dann, wenn man es nicht brauchen kann, steht ein Krawattenträger neben einem, der von der schwarzen Wolke beim zu schnellen Gasgeben nicht zuuuuuu begeistert ist, besonders wenn er genau vor dem Endrohr steht), bis sich die Fuhre mit maximaler Geschwindigkeit auf den Zielpunkt zubewegt.
Die Alternative Bedienung mit zuerst Gas geben und dann erst das Richtungspedal treten findet nur dann statt, wenn man eine Steigung zu befahren hat und den Motor unter Last abwürgen würde.
Bei der Batätigung mehrerer Funktionen bleibt dann eben die Funktion stehen, die den größten Widerstand zu bewältigen hat. Irgendwann gewöhnt man sich daran und da der Obi ja eh nicht wirklich multitaskingfähig ist, spielt das nur eine untergeordnete Rolle.
Die jetzige Gabi ist in Sachen Anfahren mit erhöhter Drehzahl ja sehr tolerant, die frühere mochte es überhaupt nicht, wenn man zuerst die Drehzahl erhöhte und dann auf´s Richtungspedal trat.
Da kam es nicht selten vor, daß das Material unkontrolliert die Reise in Richtung des Erdbodens antrat, so hat die Dame gebockt.
Vor ungefähr acht Jahren noch an der Tagesordnung, daß speziell Dachdämmplatten desöfteren zu Boden gingen, so ein oder zwei Packstücke pro Entladevorgang, ist es inzwischen eine Katastrophe, wenn es mir zwei Packstücke pro Halbjahr von der Gabel fegt.
Anfangs fand ich es noch lästig, daß ich erst die Hydraulik aussteuern und dann die Drehzahl erhöhen mußte. In Sachen Wirkungsgrad aber wohl die sinnvollere Variante.

Dies zur Gabi, und in Sachen Bagger und Betätigungskräfte gibt es, wie ich es bei meinem Nachbarn kennengelernt habe, noch einen Trick, um die Geschichte elektronikfrei und mit vertretbaren Bedienkräften zu gestalten:
die Hydraulische Vorsteuerung.

Ich habe jetzt nicht geschaut, ob das nun jeder Bagger hat, denn Nachbars Bestand geht mit dem 1,5-Tonner los und endet irgendwann beim 7-Tonner.
Jedenfalls hatte bereits der 2-Tonner die hydraulische Vorsteuerung.
Der Baggerführer betätigt also mit minimalen Bedienkräften zwei Joysticks, die wohl in Form eines Druckübersetzers dann das eigentliche Steuerventil betätigen.
Vermutlich ist das der Kern der Aussage, daß der Bagger einen hochpräzisen Ventilblock hat.
Die Gabi hat das sicher nicht, braucht es vermutlich auch nicht.
Die neueren Bagger besitzen mittlerweile eine sogenannte Auto-Idling-Funktion, die bei geringem hydraulischem Druck auf der Leitung automatisch die Drehzahl auf Leerlauf stellen, bis wieder Druck ansteht und dann wird die vom Fahrer vorgewählte Drehzahl wieder angefahren.
So ziemlich jeder Baggerfahrer schaltet dieses Auto-Idling bezeichnenderweise aus. Ich finde diese Funktion nicht völlig sinnlos, doch denke ich, daß die meisten Baggerfahrer eben kaum Leerlauf haben und ich als Gelegenheitsbenutzer da sehr deutlich aus der Reihe tanze.
Wichtig ist bei mir, daß ich die Dinger heil beim Kunden abliefere und auch heil wieder auf den Anhänger bekomme, wenn denn einmal am Wochenende mal schnell ein Gerät ins Nachbardorf gefahren werden muß.

Was den Fahrstil der Benutzer angeht, hat mein Nachbar am meisten Angst vor denen, die schon mehrmals gebaggert haben.
Während die absolute Beginners vor einer kritischen Situation rechtzeitig halt machen und die alten Hasen selbige meistern, fahren die "jungen wilden" erfahrungsgemäß am meisten kaputt, weil sie die anfängliche Scheu zwar überwunden, aber noch nicht die Übung haben.

Was Karola noch bemerkt hat:
Klar gibt es für die verschiedenen Erdarbeiten verschiedene Geräte.
Allerdings bin ich als Nachbar, wenn es darum geht, einmal flott einen Haufen Dreck auf dem Hof vor dem Obirationssaal wegzubekommen, auch darauf angewiesen, das zu nehmen, was eben gerade nicht vermietet ist.
Da kann es schon einmal vorkommen, daß eben auch der Bagger mit dem Schild das tun muß, was sonst ein Bobcat oder der noch nicht vorhandene Bulldozer machen würde. Zwei Radlader, ein großer und ein kleiner, wären noch vorhanden, aber da es eben nur zwei Stück in unterschiedlicher Größe gibt, kann man sich ausrechnen, wie oft und mit welcher Verweildauer die Dinger den Hof bzw. die Werkstatt sehen.

Wünsche Euch ein schönes Rest-LochamEnde!

Obi

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