Getriebe und Prüfpunkte, Benzin und Diesel


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Geschrieben von Heinz am 21. September 2015 17:54:39:

Als Antwort auf: Ganz kalter Kaffe... geschrieben von lukasHH am 21. September 2015 11:15:06:

Hi ins Forum,

das mit den unrealistischen Prüfbedingungen bzw. Getriebe, "Prüf"-Kennfeld etc. ist ein vielschichtiges Problem, seit es derartige Vorschriften gib. Ich kenne das auch aus einem anderen Blickwinkel.

Beim LKW-Motor wurde lange Zeit mit festen Last-/Drehzahl Prüfpunkten die Emissionen gemessen. Insgesamt sind im sogenannten European Stationary Cycle (ESC) da 13 solcher Punkte definiert, die dann mit einer fest definierten Gewichtung in das Gesamtergebenis eingehen. Alles sehr genau definiert!
Es ist aber auch explizit verboten, eine "speziellen Kennfelddefinition" für den Prüfablauf zu hinterlegen. Dafür sieht der Gesetzgeber dann unter anderem 3 frei wählbare NOx-Prüfpunkte vor, die der Testingenieur in gewissem Rahmen "zufällig" festlegen kann. Auch hier müssen die Werte der limitierten Abgaskomponenten eingehalten werden. Eine Kennfeldprogrammierung wie beim 1Z TDI ist damit nicht so einfach möglich.

Nun hat man aber noch einen anderen Effekt. Der Prüflauf bei LKW-Motoren ist für den Motorenprüfstand konzipiert (ohne Antriebsstrang). Macht in gewisser Weise Sinn... Wenn man nun aber einen LKW, wie er auf der Strasse fährt, auf einen Rollenprüfstand packt (also inklusive Automatik-Getriebe und komplettem Antriebsstrang) stellt man fest, dass viele der gesetzlich definierten Prüfpunkte in der Praxis gar nicht vorkommen. Das Automatik-Getriebe schränkt nämlich insbesondere das genutzte Drehzahlband sehr stark ein. Z.B. hohe Drehzahl bei 25% Last, sowas gibts nicht, da schaltet das Getreibe natürlich sofort hoch!
Will man nun mit einem Automatikgetriebe einen ESC auf dem Rollenprüfstand fahren, hat man seine liebe Not. Das geht nur, wenn man das Schaltprogramm per Hand komplett dahingehend beeinflussen kann, solch unsinnige Dinge zu tun, wie der Prüflauf vorsieht. In derPraxis relevant sind vielleicht 5 von den 13 Punkten.
Umgekehrt kann sich ein Hersteller das natürlich zu Nutze machen. Er kann die Prüfpunkte, die in der Realität sowieso nicht vorkommen, dazu nutzen, das Gesamtergebnis gemäß Gewichtungsfaktoren zu verbessern, jedoch in den Punkten, die den Kunden besonders interessieren, die Optimierung anders wählen (Verbrauchsoptimierung zu Lasten NOx z.B.).

Zusammenspiel der Motorkennfelder, Getriebe und Achsübersetzung bieten daher auch hohes Potenzial für tatsächliche Optimierung (Tuning) insbesondere was Kraftstoffverbrauch angeht. Auf die Emissionen schauen da eher wenige.

Gleichwohl ist seit Einführung der OnBoardDiagnose 2 (OBD2, 2007) für grobe Aureisser kein Platz mehr. Der Stickoxidsensor sorgt dann auch zuverlässig dafür, dass bei Überschreiten der zulässigen Werte die Motorleistung auf 30% gedrosselt wird und das Fahrer mit seinem LKW dann "freiwillig" in die Werkstatt kommt. Gründe sind aber weniger Tuning als eher kaputte AdBlue Dosiersysteme etc.

Zum schlechtreden von PKW Diesel:
Ich denke das kommt den Mineralölkonzernen sehr recht. Die haben ohenhin das Problem, dass Diesel eine zu hohe Nachfrage hat, während Benzin keiner haben will.
Was könnte also besseres passieren, als die Diesel-PKW in Misskredit zu ziehen. In USA bekommt dafür eher öffentliche Zustimmung, da sind die Diesel noch die Traktor-Motoren. Das anhand der Marke VW aufzuzäumen, warum nicht?! Ob da das zeitliche Zusammentreffen mit der aktuellen IAA Frankfurt auch eine Rolle spielt? Ein Schelm, wer böses dabei denkt...

Schöne Grüße
Heinz



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