Ja, können sie


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Geschrieben von Werner am 05. Oktober 2025 20:23:47:

Als Antwort auf: Re: Oh, ein Oil&Gas-Mann geschrieben von huebi am 05. Oktober 2025 18:58:59:

Moin Huebi,

natürlich können die Russen Raffinerien bauen. Allerdings haben sie traditionell alles, was sie in ihren Anlagen nicht mehr weiter verarbeiten konnten, fürn Schnaps an den Westen verkauft. Ich weiß noch damals in Wesseling in der Union Kraftstoff (heute Shell Raffinerie) kam ein Eisenbahnzug mit "Russenöl". Das war eine dicke Pampe, aus der das wertvolle schon raus war - aber eben nicht alles. Das Zeug kam bei "uns" in die alte Destille, wurde mit Benzin wieder dünnflüssig gemacht und destilliert. Gewonnenes Benzin minus reingestecktes Benzin war der Gewinn. Das waren schon ein paar Tonnen. Den Rest hat man allerdings auch nicht schlecht werden lassen.

Ich bin kein Militärstratege, will auch keiner werden, aber das empfindlichste an den Anlagen sind die Tanks. Zum einen laufen oder brennen die leer, zum anderen können die Anlagen nicht mehr produzieren, wenn das Produkt nirgends mehr gespeichert werden kann. Das Produkt ist das Geld, nicht der Stahl. Zwar sind die Anlagen teuer und wenn man mal die Zeit kurz anhält, ist der Inhalt der Anlagen gegebenüber dem Stahl nix wert, aber die Durchsätze sind so enorm, dass man beim Bau weniger auf das Geld schaut. Jede Tonne, die pro Stunde mehr durchgeht, ist lukrativ.

Im dritten Reich hat man die Tanks erdgedeckt, wobei das eine besondere Baukunst war, denn die normalen Lagertanks halten niemals die Last von Erdreich aus. Mit einem speziellen Schutzdach hat man das verhindert. Daneben wurden dann Tanks belassen, entleert bis auf einen genau bestimmten Rest, damit die "Flieger" auch was zu sehen bekamen. Was sollten die auch sonst machen, von denen war keiner Experte. Bömbchen drauf und "Hurra brennt" und weiter, vielleicht noch schnell ein Foto. Dass es gar nicht lange gebrannt hat und dass die Tanks kaum beschädigt wurden, fiel gar nicht auf. Der nächste ist wieder drauf reingefallen und der nächste auch . . . . kaputte Tanks wurden auch an anderer Stelle zum Schein wieder aufgebaut. Da gab es mal was, wo sie die Bleche weit rausgetragen haben ohne irgendeine Verbindung zur Anlage, ein bißchen Sprit rein und "bäng" alles brannte, hübsch anzuschauen, aber nicht gefährlich.

Als Werkststudent 1980 hatte ich dort häufig Kontakt zum Leiter der Konstruktion und Zeichnungsarchiv. Der Mann hatte ein Holzbein - vom Krieg. Der hat während des Krieges in der Raffinerie gearbeitet und wußte solche Schoten zu erzählen. Schmunzelnd meinte er mal, ein Scheintank sei mal von selbst in sich zusammen gefallen. Die Dinger bestanden hauptsächlich aus Resten. Und die TÜV-Leute standen selbst an den Gewehren und hatte keine Zeit für Abnahmen.

Da die Büchsen nur aus Blech bestehen, hat man da schnell ein Loch drin, aber wer schweißen kann, kriegt die auch wieder hin. Wie gesagt, ohne Speichermöglichkeit kann man alles abstellen. Es gibt wohl Pipelines zwischen einigen Raffinereien. Hier In Wesseling haben sie einen extra Graben dafür gemacht, der bis nach Köln-Godorf reicht, wo die alte Shell-Raffinerie steht. Aber in der Regel führen die Pipelines immer zu Lagerbehältern oder gehen von ihnen weg.

Was noch ? Maschinenhäuser sind die teuersten Einrichtungen. Wenn man da richtig was kaputt kriegt, dauert es richtig lange, bis alles mal wieder geht. Andererseits darf man sich da nicht vertun. So ein fetter Turbokompressor für 50 Mio zuckt nur müde mit den Schultern, wenn da eine Bombe drauf fällt. Der dealt im Innern mit ganz anderen Sachen. Dann wäre da noch die Elektrik, wenn die in einem Maschinenhaus komplett abraucht, dann kann man ruhig mal ein paar Wochen einrechnen, auch im Krieg. Und bei fehlendem Teilenachschub wird es richtig gemein. Wenn es tatsächlich gelingt, das Herzstück, also z.B. eine große Maschine, der Anlage richtig zu zerstören, dann vergehen Monate, wenn nicht ein bis zwei Jahre, bis mal Ersatz da ist. Sowas hat kein Hersteller auf Lager, das muß erst angefertigt werden. Ich kenne Fälle hier in der Umgebung, wo man nach dem Exitus einer alten Maschine den Anlagenbereich einfach aufgegeben hat, weil sich das nicht mehr lohnt.

Ich weiß nicht, ob die Soldaten das alles so genau beachten. In solchen Anlagen ist eigentlich alles gefährdet. Und das Brandpotential ist riesig. Man kann die auch nicht unterirdisch bauen, jedenfalls nicht mal so eben.

Ich hoffe, dass die das da bald mal geschafft haben. Wenn erst Ruhe ist, strömen die Leute aus aller Welt da hin, um neu aufzubauen. Ob ich da noch mitmachen würde, weiß ich nicht. Hab jetzt schon keinen Bock mehr.

Gruß

Werner

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