Re: Lichtmaschine - Drehzahl - Ladestrom


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Geschrieben von Peter vdl am 12. Dezember 2022 12:44:58:

Als Antwort auf: Lichtmaschine - Drehzahl - Ladestrom geschrieben von Henzo am 09. Dezember 2022 21:19:28:

Moin Henzo,

Vorsicht, gefährliches Halbwissen voraus.

Der ACDC-Mann hat recht, sobald die Saftschubse auf 14V regelt liefert die genug Saft um den Akku zu laden - bei alten Karren zum Mindest, bei Modernen wird die durch das bordeigene Lademanagement ja auch gerne mal "Leistungsgedrosselt" um z. B. beim Beschleunigen die 1,5 kW die sone 120A-Maschine zieht zusätzlich zur Verfügung zu haben - der Akku ist das Problem, genauer die chemischen Vorgänge im Inneren. Hier wird ja beim Entladen Blei zu Bleisulfat und Bleioxyd zu Wasser und Wasserstoffionen umgewandelt, beim Laden läuft's anders rum. Ein Prozeß, der recht langsam stattfindet, die Sulfationen müssen ja erst einmal durch den Elektrolyten schwimmen. Aus dem Grunde macht man die Oberfläche der Platten möglichst groß indem man sie Gitterförmig baut und Poren hinein ätzt. Nun findet die Reaktion aber von Außen nach Innen statt, die Ionen sind halt auch bequem und suchen sich den geringstmöglichen Weg. Man könnte es noch beschleunigen, indem man die Säuredichte erhöht, sprich mehr Sulfat und Wasserstoffionen zur Verfügung stellt - blöderweise greift die Säure das Blei ab einer gewissen Konzentration an und zersetzt es, die Säuredichte gerade von Startakkus ist da schon hart auf der Kante. Gibt noch andere chemische Tricks wie man das Ganze stabilisiert, da bin ich aber nicht im Thema. Es gibt noch einen Haken: Bleisulfat ist etwa vier mal so Groß wie Blei - das verstopft die Poren und kann soviel Kraft aufbauen, daß es die Platten mechanisch zerreißt. Deshalb haben alle Akkus unterhalb der Platten einen Totraum um diese Brösel sammeln zu können, die leiten nämlich auch gut - und wenn die Platten in ihren Müll rein ragen gibt's nen Plattenschluß - die Zelle ist tot. Mehr als etwa 2,35V/Zelle kann der Akku auch nicht umsetzen außer sich sein Wasser aus dem Elektrolyten zu zersetzen, von daher bringt eine Erhöhung der Spannung über die 14V hinaus auch nur mehr Blubbern aber keinen schneller vollen Akku. Gut, das ist Gleitend, eigentlich ist ohne Blubbern bei 13,8V bei nem Starterakku Feierabend, Blubbern rührt aber auch den Elektrolyten um, von daher ist's teilweise sogar erwünscht - das Ganze ist auch noch Temperaturabhängig, von daher passen die 14,4V noch ganz gut.

Dieses Verhalten läßt sich übrigens ganz gut beobachten, wenn man mal die Ströme aus und in solch einen Akku wärend des Startens mißt. Der ist wärend des Startens dreistellig im Minus, unmittelbar nach dem Anspringen gut zweistellig im Plus, um sich aber binnen ganz weniger Minuten auf um die 5A im Plus abzusenken, gibt ne schöne Näherungskurve. Da bleibt er dann auch, egal, wieviel die Lima liefern kann. Man sollte nur schauen, daß die Übergangswiderstände der Kabelei und der Karosse vom Generator und Starter zum Akku möglichst gering sind - daß die 14,4V auch wirklich am Akku ankommen und nicht die Verdrahtung heimlich zweiten Regler spielt und Strömlinge verheizt. Aus der Chemie ergibt sich auch, daß der Akku nur Ungern hart Arbeitet und am besten direkt nachdem er was Arbeiten musste wieder langsam voll gefüttert wird - und am liebsten vollgefüttert gehalten wird. Kurzstrecke ist aber nicht dafür geeignet ihn ständig wieder voll zu füttern, hier entlädt er sich langsam aber stetig, auch durch die in modernen Karren ewig laufenden Helferlein, die einen beträchtlichen Ruhestrom produzieren. Da hilft nur ab und zu den Akku ans Ladegerät hängen und ihn so eben wieder voll zu füttern sprich das Sulfat in den Poren abbauen, sofern man noch dran kommt. Bei einer sulfatierten Bakterie hilft ne "Schnarchladung" sprich mit deutlich reduzierter Ladespannung über Wochen oder gar Monate dem Sulfat in den Tiefen der Poren die Möglichkeit zu geben sich rückzuverwandeln ohne die Bakterie ins Gasen zu kriegen (und hoffen, daß die Platten nicht durch das Sulfat an Ort und Stelle gehalten werden). Obwohl wenn sie steht sinkt die Säure ab und konzentriert am Boden auf, auch über die kritische Dichte hinaus, von daher ist ab und zu ein kurzes kräftiges Umrühren hilfreich. In meinen Stationärakku puste ich dafür ab und an Luft rein, bei einem Autoakku gibt's die Möglichkeit nicht, dafür könnte man ihn bewegen oder kurz mit Blubberspannung laden - wenn man Elektrolyt nachfüllen kann. Das ist bei vielen modernen Akkus nur nicht mehr vorgesehen, mir wurde mal erzählt das sei wegen Zusätzen im Elektrolyten auch Kontraproduktiv, nur Genaues weis ich nicht. Noch anders sieht's bei AGM aus, da ist ja der Elektrolyt gebunden - kann aber trotzdem lokal blubbern, nur daß die Blubberblasen nicht weg können. Genauso kann die Säure auch bei denen absinken - wenn auch deutlich langsamer - aber nicht durch Umrühren wieder hoch geholt werden, da Umrühren nicht funktioniert - dafür können sie nicht auslaufen, man kann sie liegend und nötigenfalls auf dem Kopf betreiben. Mir sind die wartbaren nassen Bleischweine deutlich lieber...

Rußige Grüße
Peter

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