Drehschieber ist nicht gleich Drehschieber


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Geschrieben von Werner am 04. Oktober 2021 23:18:21:

Als Antwort auf: Re: Nein Nein Nein Nein !!!! geschrieben von Uli S. am 04. Oktober 2021 09:07:17:

Moin Uli,

ich denke, das muß man erklären. Die Fa. Piaggio hat die Motoren so gebaut, dass der eintretende Benzin/Ölstrom gleich auf die Pleuellager unten und oben geleitet wird. Die Lager nämlich, die am ehesten bei Ölmangel zur Trauer gehen.

Die Kurbelwellenlager sind nicht so gefährdet, weil sie sich nicht bewegen und das Öl nicht ständig von sich weg schlagen.

Also kurzum, man suchte nach einer Möglichkeit und fand sie - sehr pfiffig gemacht - im Kurbelwangen-Drehschieber-Einlaß. Das gab schon sehr früh die Möglichkeit, mit niedrigem Ölanteil zu fahren. Leistung stand dabei nicht im Vordergrund, bei den Mofas war die Anordnung enorm praktisch, weil der Vergaser gut geschützt hinter dem Motor mit dem liegenen Zylinder angebracht werden konnte. Leute, die dachten, sie könnten mit Aufbohren des Einlaßtraktes Leistung gewinnen, mußten bald feststellen, dass nun der Einlaß größer war, als die Kurbelwange, sodaß der Einlaß gar nicht mehr schließen konnte . . . . .. sehr dumm gelaufen.

Aber davon mal ab, die Maico hatte einen sog. Plattendrehschieber, d.h., seitlich zur Kurbelwelle saß der Vergaser und der Einlaß. Das war für die Leistung wesentlich besser und den Drehschieber konnte man mit einer etwas besseren Blechschere in den Steuerzeiten anpassen.

Der Drehschieber lief in einem eigenen Gehäuse und war selbst nicht stabil, um auch gegen die Pulsationen abdichten zu können. Er lief also quasi zwischen zwei Wänden und brauchte natürlich das Öl, um nicht anzulaufen. Die Toleranzen waren eng, aber nicht Null. Der Drehschieber konnte sich zwischen beiden Wänden etwas hin bewegen und war im Stand auch nicht 100%ig dicht. Das brauchte er aber auch nicht zu sein. Sobald Unterdruck im Kurbelraum entstand - also im Aufwärtsgang des Kolbens, war das Blech idealerweise gerade dann offen und wurde nicht belastet. Dennoch legte es sich auch gelegentlich an die Innenwand an. Beim Abwärtsgang des Kolbens und Überdruck im Kurbelraum kurz vor dem Überströmen in den Zylinder wurde es zur Außenwand vergaserseitig gedrückt und dichtete den Einlaßtrakt ab.

Hier habe ich mal ein Bild gefunden, wo man das geöffnete Gehäuse mit dem Drehschieber sieht.

https://up.picr.de/34944216nh.jpg


Man kann sich gut vorstellen, dass bei dem recht großen Durchlaß und dem nicht eigenstabilen Blech dieses mehr oder weniger lautstark sich ständig wechsend an die Innenwand oder Außenwand anlegte. Bei der Maico konnte man den Lastzustand am Drehschieber hören - von welchem Motor kann man das sonst sagen?

Mit höhen Drehzahlen und Dünngas änderte sich der Abstand zwischen Saug und Druckphase, weil die Kurbelraumfüllung verringert wurde. Wenn man dann wieder aufriß, kreischte es wieder los.

Es gab auch aus Japan Drehschieber-Zweitakter, SUZUKI und KAWA, Honda baute ja nur Viertakter. Ich denke, man kann sehen, wo die Japaner das Prinzip her hatten.

http://www.classic-motorrad.de/galerie/albums/userpics/12151/normal_DSCF0701.jpg

Wie man sieht, sind die nicht aus Blech gewesen, deshalb hat man sie auch nicht gehört.

Als Kawasaki dann die Dreizylinder baute, ging das nicht mehr mit dem Plattendrehschieber. Bei den Zweizylindern konnte man noch von jeder Seite einen bauen.

YAMAHA wollte ein Alleinstellungsmerkmal und hat das viel gepriesene Torque Induction gebaut, welches mit Membransteuerung funktionierte. In der Tat gab das auch einen guten Drehmomentverlauf, aber der Verbrauch stieg dadurch. Besonders in den mittleren Drehzahlen wurden die Maschinen schon sehr durstig, obwohl sie noch gar nicht volles Drehmoment hatten. Abhilfe, einen Gang tiefer schalten und mit Teilgas fahren, dann ging es so halbwegs, war aber immer noch zu viel.

Spülen auf Teufel komm raus bedeutet nämlich auch, mehr Frischgas in den Auspuff zu spülen. Die späteren Maschinen wurden dem Powervalve im Auspuff ausgerüstet, auch, um Sprit zu sparen. Der größere Kühlbedarf wurde nun durch die Wasserkühlung verkwirklicht.


So, das war mir jetzt mal wichtig, zu erläutern sonni


Ist bei mir alles noch frisch im Hirn, obwohl es jetzt 45 Jahre her ist, dass wir solche Motoren geöffnet und repariert haben. Für uns war das wie für die heutige Generation der Computer - es MUSSTE einfach sein !!


Gruß

Werner

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