Kalt richten


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]


Geschrieben von Werner am 27. Juli 2021 13:57:40:

Als Antwort auf: Re: Fahrgestellnummer selbst eingeschlagen geschrieben von Johannes D am 27. Juli 2021 12:44:13:

Moin,

kalt richten geht bei solchen Holmen. 50mm ist nicht die Welt, das Material gibt es her. Sie werden sich doch nicht hochkant verbogen haben ?

Blöd sind Knicke, aber das las sich aus den Beiträgen nicht so.

Um so etwas halbwegs wieder gerade zu bekommen nimmt man man etwas rundes, am besten Holz, z.B. einen halb geteilten Holzscheit. Der Durchmesser darf ruhig groß sein, sollte groß sein.

Dann wird der krumme Träger mit der Biegung nach oben auf zwei flache eher dünne Bretter gelegt, sodaß eine einigermaßen definierte Auflage entsteht. Mit der runden Seite des Holzbocks wird dann gedrück, entlang der Biegung an mehreren Stellen, nicht gleich durchdrücken, dann gibt es Wellen. Wenn das Material nachgibt, aufhören und daneben weiter drücken. Beim Baustahl merkt man eigentlich ganz gut die Fließgrenze, aber wenn es Zweifel gibt, unter die "Richtstelle" etwas unterlegen und den Holm bis auf die Auflage drücken. Wenn nichts passiert ist, die Unterlage verkleinern und wieder drücken. Solange, bis sich was tut, niemals in einem durch, die Deformation rückwärts schafft man nicht, es sei denn, man könnte die Zeit umkehren.

Wenn das Ding irgendwann flach ist, aber noch nicht gerade, werden die beiden Brettchen an den Enden dicker gemacht und dann immer bis auf den Boden durchdrücken. Ein paar Abweichungen von der Mittellinie sind nicht tragisch. Die originalen Holme sind meist auch nicht so gerade, wie man das von einem Stahllineal erwarten dürfte.

Eine Schiene in der Länge des Holmes wäre gut, z.B. eine lange Wasserwaage oder eine Richtlatte aus Alu. Augenpeilung geht zwar auch, aber mit der Zeit ermüdet man und weiß nicht mehr, wo man hingucken soll.

Habe früder in der Lehrzeit wochenlang an der Richtbank gestanden. Zuerst ist der Job zum Kotzen, weil man nirgends die Schieblehre dran halten kann. Irgendwann klappt es so halbwegs und dann kommt irgendwann das Feeling dafür. Federnd immer wieder drücken, bis man spürt "jetzt isser geflossen". Das kesselt !


Anschließend mal schauen, ob die Verzinkung noch so einigermaßen drauf geblieben ist.

Die Hauptholme meines Doppeldeckers bestanden aus je zwei durchgehenden 60er Alurohren, hochfest, die aber im Flügel nicht gerade sein durften, sondern für die V-Form der Tragflächen eine im Bauplan definierte Biegelinie haben mußten. Da hat so mancher Armateurbauer Rohre versemmelt. Der Lieferant Zänker und Dittrich in Velbert wußte schon Bescheid, wenn wieder einer kam, der neue Rohre brauchte. Ein Rohr blieb gerade, das war der vordere obere Holm, die anderen bekamen alle eine unterschiedliche Durchbiegung, um die Schränkung (Verwindung) an der Tragfläche und die V-Form des unteren Flügels hinzubekommen.

Aluminium hat einen geringen E-Modul, sodaß man als Richtender eigentlich nur Gewabbel spürt. Die Fließgrenze wird erst sehr spät und dann sehr spektakulär erreicht. Ich habe das seinerzeit aber mit Geduld und viel untergelegtem Holz und ausgerundeten Matrizen hinbekommen. Irgendwann steht man im Unterhemd, das gehört dazu.


Gruß

Werner

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