OT: noch mal mein Fliegermotor-Umbau, viel Text und drei Bilder


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Geschrieben von Werner am 17. Oktober 2020 15:34:18:

Hallöchen,

kurz die Problematik für den, der es noch nicht gelesen hat:

Mein kleiner Flugmotor zwei Zylinder-Boxer, 360 ccm, ca. 35PS, hat ein Untersetzungsgetriebe mit einem Poly-V-Riemen (Keilrippenriemen), der leider trotz höchster Vorspannung durchrutscht. Dem bekannten Problem wird unter anderem dadurch begegnet, dass der Leerlauf der Maschine sehr hoch eingestellt wird.

Abbildung aus dem Betriebshandbuch

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Dadurch wird der Ungleichförmigkeitsgrad des Motors so gering, dass der Riemen nicht mehr rutscht. Bei Vollast gibt es gelegentlich auch Durchrutscher, dies aber nur im Stand und weniger in der Luft, wo der Motor im Teillast betrieben wird.


Ein wesentlicher Grund für das Rutschen ist u.a. auch der extrem geringe Umschlingungswinkel des Kurbelwellen-Riemenrades. Nach gültigen Berechnungs-Normen ist der weitaus zu klein, kann aber einfach größer gemacht werden weil An- und Abtriebswelle sehr dicht beieinander liegen und dies auch nicht geändert werden kann.

Ein zweiter Grund ist die Tatsache, dass man den originalen Zweiradmotor der Schwungmasse beraubt hat. Ein Umstand, was für Flugmotoren typisch ist, alles was schwer ist, soll raus.


Bei meinem Flugzeug spielt das Gewicht des Motors nicht die große Rolle, weil zum Schwerpunktsausgleich ohnehin ein ziemlich schweres Gewicht vorne eingebaut ist. Ich kann also dem Motor mehr Masse geben und es an dem Zusatzgewicht wieder einsparen ohne, dass ich dadurch Nachteile hätte.

Mein Plan ist der Umbau auf Zahnriementrieb. Dieser wurde von einer Fachfirma ausgelegt und gebaut. Der Umschlingungswinkel wurde geprüft und für ausreichend befunden. Die Riemenscheiben nebst Zahnriemen sind geliefert, allerdings ohne Bearbeitung der Aufnahmen, also nur mit einer Bohrung, die noch entsprechend aufgedreht werden muß.

Der alte Poly-V-Riemen hat eine Breite von 42 mm.

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Er läuft mit einem Sicherheitsabstand am Zahnkranz des Anlassers vorbei. Der Abstand beträgt 10mm. Der Zahnkranz ist 4mm dick. Die Nabe sitzt mit Konus auf der Mopedkurbelwelle. Eine weiteres Schwungrad gibt es nicht. Lediglich auf der Rückseite des Motors ist ein Polrad für die Zündung angebracht. Da möchte ich nichts verändern.


Der neue Riemen ist mit 36 mm schmaler, weil er als Zahnriemen mehr Kraft übertragen kann. Der Hersteller hat mir sogar vorgerechnet, dass es noch schmaler ginge, aber ich wollte lieber auf Nummer sicher gehen.

Ein Ausschnitt aus der Bestellzeichnung:

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Ich wollte das kleine Riemenrad nicht komplett durchfräsen lassen, damit ich noch etwas Fleisch habe, wo ich von hinten Schrauben reindrehen kann oder damit ich eine gute Passung zwischen Alu-Nabe und Stahlschwungrad bekomme.

Nun habe ich also etwas Platz gewonnen und kann den Zahnkranz für den Anlasser wesentlich breiter und massiver ausführen. Der Anlasser selbst hat ein 7mm starkes Ritzel. Den Sicherheitsabstand Riemen-Zahnkranz kann ich noch um 5mm verkleinern, im unmittelbaren Nabenbereich werden ich den Abstand sogar auf Null bringen, um die Führung für den Riemen zu bekommen. Der große Vorteil ist, dass die Führung des Zahnriemens nur auf der kleinen Nabe geschieht und der Riemen sich dann auf dem großen Rad mit etwas Spielraum frei bewegen kann.

Bei dem Poly-V-Riemen ist es sehr schwierig, einerseits den exakten Parallellauf der beiden Scheiben hinzubekommen, und andereseits genügend Pressung auf dem Kurbelwellenkonus zu haben. Der Hersteller hat sich dafür ein total getrickstes System überlegt, auf das man erst durch viel Probieren kommt. Ein Keilrippenriemen mag seitlichen Versatz überhaupt nicht und die Propellerwelle kann nicht mit Axialspiel ausgeführt werden. Bzw. dies wäre sinnlos, weil der Propeller die Welle dann an einen Anschlag ziehen würde.

Wenn ich die 11mm Platzgewinn + die 4 mm Zahnkranz (original) rechne, kann ich eine 15mm breite Scheibe mit dem Durchmesser des Zahnkranzes einbauen, ohne dass es Probleme gibt. Diese Scheibe sollte dann schon einiges bewirken, ist aber immer noch wesentlich leichter, als das erwähnte Zusatzgewicht vorne im Flieger.


Nun geht es also um die Frage, wie die Alunabe mit dem noch zu bauenden Schwungrad am besten verbunden werden kann. Im Gegensatz zu den Kräften beim Anlassen wird dann ja später die Belastung durch die beiden Zylindern ständig sein, also nicht nur auf kurze Zeit begrenzt. Allerdings kommt erleichternd hinzu, dass bei niedrigen Drehzahlen auch keine länger andauernden vollen Zylinderfüllungen auftreten können, weil der Propeller in diesem Betriebszustand kaum Widerstand hat und sofort hochdreht.

Die dollsten Ideen hatte ich schon, wollte sogar schon die Schwungscheibe parallel zur Nabe bis an den Kurbelwellenkonus reichen lassen - in der Hoffnung, dass dann ein Teil der Kräfte gleich auf Stahl gehen und nicht erst über das Alu übertragen werden müssen.

Meine Fertigungsmöglichkeiten sind begrenzt. Eine Drehbank alter Machart habe ich und Konus habe ich darauf auch schon gedreht. Für dieses Projekt soll aber eine konische Reibahle 1:10 zum Einsatz kommen.

Eine Innen-Passung drehen, die ich dann über den noch runden Teil der Nabe schiebe, bekomme ich auch hin.

Was mich stört, sind die kleinen Schräubchen, die von hinten eingedreht sind und mit ihrem Linsensenkkopf einen Zwitter zwischen Reibschluß und Formschluß darstellen. Ein einzelner Paßstift ist ebenfalls drin, wobei der alleine sicherlich längst vernuggelt wäre. Würden die sich losschütteln, gerieten sie in den Spalt zwischen Zahnkranz und Motorgehäuse und könnten dort Unheil anrichten, vielleicht sogar den Motor blockieren.

Ein Formschluß wäre mir am liebsten. Eine Press- oder Schrumpfpassung könnte ich mir auch noch vorstellen. Die Möglichkeiten dazu würde ich mir schon herstellen. Aber die Auslegung und sichere Ausführung traue ich mir nicht so recht zu.

Ich kann vieles rechnen, kann Reibwerte und E-Module in Formeln einbauen. Aber ob das dann auch so klappt, das sehe ich womöglich erst nach 150 Betriebsstunden, wenn plötzlich in einer Flugsituation etwas abgeht oder durchrutscht oder beides. Auch wenn man als Armateurbastler auf einiges gefaßt ist, muß man ja Notlandungen nicht unbedingt provozieren.

So, jetzt habe ich den Knackpunkt einmal beschrieben.

Das Flugzeug wird jetzt nur noch mit einem Zweitaktmotor oder mit einem Viertakt V-Motor ohne Getriebe ausgeliefert. Eine sehr vernünftige Lösung, aber ich habe mich in den kleinen Boxer derart verguckt, dass ich ihn unbedingt behalten will.

Gruß

Werner


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