Gewinde abdichten - Ein kleiner Ratgeber


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]


Geschrieben von huebi am 22. März 2005 12:40:15:

Als Antwort auf: OT: Neofermit und Hanf? Wie Wasseranschluss am WT abdichten? geschrieben von ESCOR am 22. März 2005 08:36:49:

Moin Edi.

Ich habe mich mal 9 Monate fast ausschliesslich mit der Herstellung von Verschraubungen auseinandergesetzt und konnte dabei sehr systematisch umfangreiche Erfahrungen auf diesem Gebiet erlangen. Es ging dabei um einige 10000 Verschraubungen und die Schwierigkeiten diese in der Grossserie zuverlaessig dicht zu bekommen.

Grundsaetzlich lassen sich nur konische Gewinde im Gewinde abdichten. Damit ist ein konisches (Rohr-)Aussengewinde in einem zylindrischen Innengewinde gemeint.
Als Dichtmittel kommen hierbei anerobes Fluessigdichtmittel (z.B. von Loctite), Hanf mit Neofermit und Teflonband zum Einsatz.

Loctite ist am einfachsten zu verarbeiten, denn es wird einfach nur auf das saubere Aussengewinde aufgetragen, die Verschraubung dann fest zusammen geschraubt und unter Luftabschluss und mit Metallkontakt als Katalysator haertet das Dichtmittel dann aus. Es gibt verschiedene Festigkeiten bei den Dichtmitteln, so dass ein Loesen bei hochfesten Dichtmitteln nur durch kurzzeitiges Erwaermen auf mindestens 200 Grad Celsius moeglich ist.

Bei Hanf und Teflonband muss das Gewinde vorher aufgerauht werden. Dies soll bei der Montage verhindern, dass das Dichtmittel einfach vom Aussengewinde weggedrueckt wird und nicht zwischen den Gewindeflanken zu liegen kommt.
Manche Gewinde werden hierzu bei der Fertigung schon geraendelt, diese Rauhigkeit ist aber leider ueberhaupt nicht ausreichend.
Das Aussengewinde wird hierzu am besten mit einer moeglichst scharfen, bzw. neuen, Wasserpumpenzange bearbeitet. Das Aussengewinde wird hierzu mit der Zange radial gequetscht, die Zange wird also so angesetzt, als wuerde man das Gewinde wie ein Rohr drehen wollen, und sie wird dann aber einfach nur mehrfach rund um das Gewinde herum kraefig zugedrueckt. Dadurch entstehen durch die Zaehne der Zange recht tiefe, quer zu den Gewindegaengen verlaufende, Kerben auf den Spitzen des Gewindes.
Eine andere Moeglichkeit zum Gewinde aufrauhen ist das abschaben des Gewindes mit einem alten Metallsaegeblatt, aehnlich wie Mohrrueben mit dem Messer geschabt werden.
Bei dieser Verfahrensweise sieht das Gewinde dann zwar etwas schoener aus, eine sichere Haftung des Dichtmittels ist aber, wie auch bei der serienmaessigen Raendelung, nicht unbedingt gewaehrleistet.

Die Erfahrungen sind hier unterschiedlich. Ich perseonlich finde das "Gewindezerbeissen" nicht so toll, aber es ist das zuverlaessigste Verfahren.

Jetzt muss nur noch Hanf oder Teflonband so auf das Gewinde gebracht werden, dass es beim Zusammenschrauben sicher und zuverlaessig zwischen den Gewindeflanken landet.
Bei Hanf funktioniert das sehr gut so:
Eine duenne Hanfstraehne aus einem Hanfzopf herausziehen oder von der Rolle abreissen. Die Straehne laeuft dann an den Enden duenn aus und kann dadurch besser auf das Gewinde aufgewickelt werden. Bei einem Rechtsgewinde wird der Hanf, auf das Rohr- bzw. Verschraubungsende gesehen, rechts herum fest auf das Gewinde gewickelt. Dazu wird am duenneren Ende des Gewindes angefangen und die Hanfstraehne fest bis zum anderen Ende aufgewickelt. Die Hanfstraehne hat die richtige Dicke, wenn beim Aufwickeln ihr dickste Stelle ungefaehr drei Gewindegaenge abdeckt. Der Hanf sollte etwa 1mm bis 2mm dick, ueber die Gewindespitzen gemessen, auf das Gewinde aufgewickelt werden. Wenn der Hanf zu dick ist, wird er beim Zusammenschrauben aus dem Gewinde gedrueckt; ist er zu duenn, wird es nicht dicht. Da der Hanf jetzt bei weitem noch nicht fest genug auf dem Gewinde sitzt, wird er jetzt noch mit einer Drahtbuerste tief in die Gewindegaenge "hineingebuerstet". Hierbei in die gleiche Richtung arbeiten, in der auch der Hanf auf das Gewinde gewickelt wurde.
Zum Schluss kommt jetzt noch etwas Neofermit als Schmiermittel auf den Hanf und die Verschraubung kann montiert werden.

Statt Hanf funktionieren auch einzelne Webstraenge aus einem Jutesack oder aufgedroeselter Bindfaden aus Hanf. Neofermit kann auch durch Butter oder Magarine ersetzt werden.

Teflonband wird, aehnlich wie Hanf, einfach nur auf das Gewinde gewickelt. Danach wird es aber nicht mehr mit der Drahtbuerste bearbeitet, da es sonst gleich wieder runter gebuerstet wird. Fuer ein 1" Rohrgewinde sind 12 bis 15 Lagen notwendig.

Alle Dichtmittel haben ihre Nachteile:
Hanf ist auf Dauer nicht bestaendig gegen Diesel und Heizoel und zerfaellt nach wenigen Jahrzehnten. Fuer den Einsatz im Auto duerfte das aber eher irrelevant sein.
Teflonband laesst sich immer nur fest drehen. Sobald die Verschraubung auch nur minimal geloest wird, ist sie sehr schnell undicht. Hanf ist da wesendlich tolleranter und laesst sich oft auch wieder etwas loesen.
Loctite ist am einfachsten zu montieren aber ein nachtraegliches Verdrehen ist dann nicht mehr moeglich. Hochfeste Sorten sind nur bei hohen Temperaturen wieder zu loesen.


Viele Gruesse,
huebi

Wie lesenswert findest Du diesen Beitrag?                 Info zur Bewertung




Antworten:


[ FMSO.DE - Fahren mit Salatöl (deutsch) ]